1. |
Am Strand
11:57
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Ich bin noch da.
Ich hab mich nicht versteckt,
bin nur vom Sand ganz zugedeckt,
der stetig sich auf alles legt.
Ich bin nicht stumm.
Ich wollte nur die Schnecken
in meinem Mund nicht erschrecken.
Darum hab ich mich nicht bewegt.
Ich war nie weg.
Ich war nur gerade nicht im Licht.
Vielleicht siehst du mich deshalb nicht
zu deinen Füßen leise liegen.
Und weil wir viel zu lange schwiegen.
Und jetzt schlaf ich mit den Fischen
– mit offenen Augen.
Stehe am Strand,
die Luft einzusaugen,
und atme Salz ein und aus.
Und mir wachsen dicke Taue
aus der Hand.
Ich stehe am Strand
und lasse mir eine Rüstung wachsen
aus Sand und Muschelkalk.
Ich bin noch da!
Ich habe mich nicht versteckt,
bin nur vom Sand ganz zugedeckt,
der stetig sich auf alles legt.
Darum habe ich mich nicht bewegt.
Ich bin nicht stumm.
Ich wollte nur die Schnecken
in meinem Mund nicht wecken.
Ich war nie weg.
Ich wollte nicht verschwinden.
Ich wollte nur,
dass die Gespenster mich nicht finden.
Und in der Dämmerung
zünde ich Lichter an,
in der Hoffnung,
dass man mich finden kann.
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2. |
Funkenflug
02:36
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Was für ein Bild!
Es haben alle überlebt.
Es ist niemand verletzt
(was uns nicht automatisch auf das
nächste Level hebt).
Wo sind wir jetzt?
Was für ein Bild!
Hier sind wir.
Was für ein Bild?
Hier sind wir,
bereit für den nächsten Flop.
Hier sind wir!
Hier sind wir?
Was für ein Bild?
Wir tun nur so als ob.
Niemals das echte Gefühl.
Jeder Schritt neues Land.
Wir stecken alles in Brand.
Was für ein Bild!
Könnt ihr uns sehen?
Es haben alle überlebt.
Es hat sich keiner verletzt.
Wo sind wir jetzt?
Hier sind wir
und wollen uns beschweren.
Das war für uns zu leicht.
Wir wollen uns nicht beklagen.
Wir können alles erklären.
Aber keiner stellt die richtigen Fragen.
Hier sind wir.
Und wir wollen uns entschuldigen.
Nur wir wissen gar nicht,
wie das geht.
Und für die ganz Ungeduldigen
sind wir sowieso schon zu spät.
Was für ein Bild!
Wir geben immer zu viel,
aber niemals genug.
Funkenflug.
Was für ein Bild!
Ihr könnt nur den Rahmen sehen.
Seht ihr uns in Flammen stehen?
Immer zu viel.
Niemals genug.
Was für ein Bild.
Es haben alle überlebt.
Es hat sich keiner verletzt.
Wo sind wir jetzt?
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3. |
Zu nah
05:28
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Und dann ist es mir zu nah.
Und nicht nah genug.
Wer weiß,
wie lang so eine Blüte hält?
Und was danach entsteht?
Irgendwohin
ist auch immer
von irgendwo weg.
Von irgendwo weg
ist auch immer
irgendwo hin.
Helm abnehmen und gucken,
ob die Luft zu atmen ist,
ob der Boden einen trägt
und ob das Wasser giftig ist.
Warum auch immer
– das ist mir viel zu nah!
Und zu weit weg!
Flüchtig.
Ich schwitze!
Vielleicht schmilze ich?
Und ich wollte,
es käme ein Frost
und es würde frieren.
Damit es bleibt wie es ist.
Ich wollte,
es käme die Sonne
und alles würde auftauen,
damit nichts bleibt wie es ist.
Es ist mir
viel
viel
viel
viel zu nah
und zu weit weg.
Irgendwohin.
Die Luft tut gut!
Aber vielleicht ...?
oder doch ...?
oder nein...?
oder ja ...?
Viel
viel zu weit weg.
Gib mir bloß keine Hand!
Die soll bleiben,
wo sie ist.
Viel zu viel Verantwortung.
Helm ab!
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4. |
Wenn es wieder weg ist
04:23
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Was wird sein,
wenn es wieder weg ist?
Das müssen wir nicht wissen.
Wenn es wieder weg ist,
wird die Sonne scheinen.
Wenn es wieder weg ist,
wird der Wind wehen.
Wenn es wieder weg ist.
Wenn das alles wieder weg ist.
Und die Straße vor dem Haus ist zugeparkt,
wenn es wieder weg ist.
Und die Autos fahren rückwärts auf dem Hof.
Was wird sein,
wenn es wieder weg ist?
Wenn es wieder weg ist,
werden wir wahrscheinlich
wunderlich geworden sein.
Wenn es wieder weg ist,
haben wir Kopfschmerzen
vom Wein.
Wenn es wieder weg ist,
wenn es wieder weg ist,
wenn es weg ist,
werde ich wieder weinen.
Wenn das alles wieder weg ist, wird alles
anders sein.
Wenn es wieder weg ist,
liegt vielleicht der erste Schnee.
Wenn das alles wieder weg ist,
trinken wir Kaffee
– jeder für sich –
wenn das alles wieder weg ist.
Und wollen wir das wirklich wissen?
Wenn es weg ist,
werde ich dich vermissen
müssen.
Und ich werde es wissen.
Wenn das alles wirklich wieder weg ist,
was wird dann sein?
Wenn das alles wieder weg ist?
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5. |
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Das ist alles nur
eine Frage der Geschwindigkeit.
Wenn man eine Sternschnuppe sieht,
darf man sich was wünschen.
Man darf aber niemandem verraten,
was man sich wünscht
– sonst geht es nicht in Erfüllung.
Alles eine Frage
der Geschwindigkeit.
Schritt für Schritt
– einen Fuß vor den anderen gesetzt
und hingefallen.
Schritt für Schritt
– einen Fuß vor den anderen gesetzt,
so haben wir als Kind Laufen gelernt
– wurde uns immer erzählt.
Wir erinnern uns aber nur an das Hinfallen
und dass wir plötzlich laufen konnten.
Es ist alles
eine Frage
der Geschwindigkeit.
Stillstand ist nicht möglich.
Das geht gar nicht.
Es bewegt sich immer irgendwas.
Und wenn es nur das Licht ist.
Oder die Blätter.
Stillstand ist nicht nötig.
Vielleicht müssen wir einfach
nur mal anhalten.
Alles eine Frage der Geschwindigkeit.
Nur nicht vergessen zu atmen.
Vielleicht müssen wir einfach
nur mal anhalten.
Hin.
Her.
Es ist alles eine Frage
der Geschwindigkeit.
Und wenn es nur das Licht ist
und die Stille auf dem Flur,
das Ticken unserer Herzen,
das Schlagen unserer Uhr.
Wann war das nochmal
– der Tag, an dem die Erde stillstand?
Es ist alles
eine Frage
der Geschwindigkeit.
Hin.
Her.
Hin.
Her.
Wenn ein Stern vom Himmel fällt,
darf man sich was wünschen.
Aber man darf niemandem sagen,
was man sich gewünscht hat.
Sonst geht das nicht in Erfüllung.
Ich wünsch mich so
hin.
Ich wünsch es mir
her.
Eine Frage der
Geschwindigkeit
– und wenn es nur das Licht ist.
Einen Schritt vor dem anderen.
Einen Schritt nach dem anderen.
Das mit der Unendlichkeit
habe ich nie verstanden.
Stillstand ist nicht möglich.
Stillstand ist nicht nötig.
Vielleicht müssen wir einfach
nur mal anhalten.
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6. |
Was ist
05:29
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Was ist mit den Worten?
Was ist mit dem Gold?
Was ist mit den Orten?
Was ist mit dem Land?
Was ist mit dem Wasserstand?
Was ist mit der Heizung?
(Ist die kaputt?)
Was ist mit dem Licht?
Was ist mit den Kerzen?
Was ist mit der Wut?
Was ist mit der Sehnsucht?
Und was ist mit der Lust?
Was ist mit dem Wasserstand?
Ist die Heizung kaputt?
Was ist mit den Farben?
Was ist mit dem Totentanz?
Was ist mit dem Wasserstand?
Was ist mit der Welt?
Was ist mit dem Warten?
Macht das noch Sinn?
Was ist mit dem Totentanz?
Was ist mit den Tönen?
Und was ist mit den Schmerzen?
Was ist mit dem Wasserstand?
Was ist mit der Welt?
Was ist mit der Arbeit?
Was ist mit dem Geld?
Und was ist mit der Angst
– macht die noch Sinn?
Was ist das mit der Sehnsucht?
Was ist das mit der Erfüllung?
Und was ist mit dem Schlamm?
Was ist mit dem Wasserstand?
Was ist mit jedem neuen Tag?
Macht das noch Sinn, das mit der Angst?
Was ist mit den viel zu großen Autos?
Macht das noch Sinn?
Das mit der Angst?
Und was ist mit dem Wasserstand?
Und was ist mit der Diskrepanz?
Und was ist mit den Farben?
Was ist mit unseren Herzen?
Was ist mit dem Wasserstand?
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7. |
Herz und Chemie
04:30
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Wir wollen uns beschweren.
Wir sind zu leicht.
Wir wissen, dass es geht.
Wir wissen nur nicht wie
– weil wir nicht wissen, wo wir stehen
zwischen dem Herz
und der Chemie.
Wir wollen uns beschweren.
Wir sind zu leicht.
Pferde losgelassen,
die Ställe angezündet,
Taube in die Luft geworfen
und gehofft, dass sie den Weg dann findet.
Wir wollen uns beschweren.
Wir sind zu leicht.
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8. |
Gaslichter
01:33
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Der Junge lernt Worte für Farben. Laufen
kann er noch nicht. Seine alte Großmut-
ter hält ihn fest im Arm und trägt ihn an
der Welt vorbei. Er zeigt auf Flächen und
Gegenstände. Das Auto ist rot. Der Stuhl
ist weiß. Das Gras ist grün. „Richtig. Grün
ist das Gras. Wie toll doch unser Junge das
schon kann!“, lobt die Großmama und ruft
ihre Tochter herbei, damit sie sich freuen
kann an Omas hochbegabtem Enkel.
Weiter geht es dann, vorbei an Gelb und
Grün und Rot und Weiß. Sein Lieblings-
wort ist „Blau“. „Blau“, sagt das Kind zu
den Blumen auf dem Balkon und strahlt
erwartungsvoll. „Richtig! Ja.“, lobt ihn auch
dieses Mal die Oma. Die Mama lächelt.
Darüber freut sich der Junge. Seine Welt
ist bunt. Der Vater des Knaben steht mit
leeren Händen im Hintergrund,
betrachtet die Sonnenblumen und zweifelt
an sich selbst, weil er das Blau in ihnen
nicht erkennen kann.
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9. |
Anders anders
04:26
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Wir sind anders,
anders als die Anderen,
die anders anders sein wollen,
als die Anderen anders sind.
Wir haben keine Angst.
Wir haben kein Problem.
Wir sehen nur so aus manchmal.
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10. |
Am Strand - Kapitel 2
08:23
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Ich bin noch da.
Ich habe mich nicht versteckt,
bin nur vom Sand ganz zugedeckt.
Ich war nur gerade nicht im Licht.
Vielleicht siehst du mich deshalb nicht
hier im Sand
leise liegen.
Am Strand.
Ich atme ein.
Ich atme Salz.
Ich atme aus.
Und dann baue ich mir ein Haus
aus Muschelkalk und Sand.
Und in der Dämmerung zünde ich Lichter an.
Kein Leuchtturm.
Kein Hafen.
Und die Fische schlafen mit offenen
Augen.
Am Strand.
Und in der Dämmerung
steh ich da und schaue
und mir wachsen dicke Taue
aus den Händen
in den Sand.
Ich atme ein.
Ich atme Salz.
Ich atme aus.
Und vielleicht baue ich mir ein Haus
am Strand
und in der Dämmerung.
Am Strand.
Ich atme ein.
Ich atme Salz.
Ich atme aus.
Und ich ramme dicke Pflöcke in den Boden,
in der Hoffnung, dass man mich finden kann.
Ich atme ein.
Ich atme Salz.
Am Strand.
Ich atme ein.
Ich atme Salz
am Strand.
Ich atme ein.
Ich atme Salz.
Ich atme aus.
Und vielleicht baue ich mir ein Haus
aus Muschelkalk und Sand.
Ich atme aus.
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11. |
Funkenflug - Alternative
02:23
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Klaus Fehling Brühl, Germany
Klaus Fehling ist ein dt. Schriftsteller, Dramaturg, Regisseur und Musiker.
Nach seiner Ausbildung zum Buchhändler
arbeitete er als Journalist, PR-Manager, Theaterkritiker sowie als Dramaturg
Nachdem er 1989 gemeinsam mit Mark Benecke die Schlager-Punk-Band "Die Blonden Burschen" gegründet hatte, trat er seit 2007 in der Band "Die Promovierten Praktikanten" als Gitarrist und Sänger auf.
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